CineGraph - Lexikon zum deutschsprachigen Film.

William Wauer
- Regisseur, Autor, Produzent

Biografie

William Ernst Hermann Wauer wird am 26. Oktober 1866 in Oberwiesenthal als Sohn des evangelisch-lutherischen Diaconus Johann Carl Ernst Wauer und seiner Frau Wilhelmine, geb. Knobloch, geboren. Er besucht Gymnasien in Dresden und Halle. Wauers malerische und zeichnerische Begabung wird von Professor Schönherr, einem Bekannten des Hauses, erkannt, der ihn an der Kunstakademie in Dresden anmeldet. 1884-87 studiert Wauer in Dresden und Berlin, setzt sein Studium später an der Kunstakademie in München fort. Er verbringt einen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten, wo er zwei Jahre in San Francisco und New York wohnt. Danach studiert er kurz Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität in Leipzig, wo er auch als Kunstkritiker der Zeitschrift XX. Jahrhundert und als Feuilletonredakteur einer Tageszeitung fungiert. 1896-97 lebt er in Rom. Um die Jahrhundertwende ist er Herausgeber der Monatszeitschrift Quickborn. 1901 unternimmt er eine Studienreise nach Wien. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland ist er zeitweise Leiter der Werbeabteilung und Berater der Lingnerwerke, Dresden, für die er u.a. die "Odol"-Werbung entwickelt. Kurzfristig arbeitet er in den Reklameabteilungen der Firmen Kupferberg, Kathreiner, Exterikultur und Stollwerk.

Ab Anfang des Jahrhunderts lebt Wauer in Dresden, wo er zunächst als Illustrator der dortigen Zeitschrift Die Woche angestellt wird, danach gründet er mit Theodor Fritsch den Dresdner Tagesanzeiger. Er ist als Mitglied verschiedener Kunstverbände aktiv, darunter der "Verband Deutscher Illustratoren", die "Bildhauervereinigung Berlin" und der "Reichsverband bildender Künstler Deutschlands". Wauer ist auch Verleger der Dresdner Gesellschaft, einer Zeitschrift, die sich den bildenden Künsten und der Bühne widmet, und für die er selbst die Theaterkritiken schreibt. Es entwickeln sich Beziehungen zum Theater sowie Bekanntschaften mit Theaterleuten. 1905 zieht er nach Berlin und wird von Max Reinhardt an das Deutsche Theater geholt. An der dortigen Schauspielschule besucht er mit besonderem Erfolg die Regieklasse und wird danach als Regisseur am Deutschen Theater und Hebbel-Theater engagiert. Schließlich übernimmt er die Sommerdirektion des Kleinen Theaters Unter den Linden, wo er am 15.6.1911 Herwath Waldens Pantomime "Die vier Toten der Fiametta" aufführt. Diese Inszenierung gilt als erster Höhepunkt der Theaterarbeit der Künstlergruppe "Der Sturm". Der Autor selbst ist von Wauers Regieleistung beeindruckt: "Bei Wauer ist alles ausgedrückt. Plastisch. Von der Monumentalität der Persönlichkeit." (Der Sturm, Nr. 67, 1911-12). Abgesehen davon erleidet Wauers Direktion kommerziell Schiffbruch, da durch den extrem heißen Sommer der Theaterbesuch sehr gering ist. An der Schuldenlast von 35.000 Mark muß er zehn Jahre lang abzahlen. 1919 veröffentlicht er eine grundlegende Abhandlung zum expressionistischen Theater, "Theater als Kunstwerk". Wauer arbeitet auch als Redakteur mehrerer Kunstzeitschriften, so Der Sturm, Die Schaubühne und Gesellschaft für Bühnenkunst.

1911/12 wechselt Wauer zum Film. Oskar Messter macht ihm den Vorschlag, das Leben Richard Wagners zu verfilmen. Das erste Manuskript wird jedoch nicht akzeptiert. 1913 schreibt Wauer eine neue Fassung und inszeniert danach gemeinsam mit dem Kamera-Pionier Carl Froelich seinen ersten Film. Die Titelrolle verkörpert der italienische Musiker Giuseppe Becce. Da Erben und Verlag die Benutzung von Wagners Originalmusik nicht erlauben, komponiert Becce für den Film eine Begleitung nach den Motiven und im Stil von Wagner. Bei diesem Film hat Wauer neben dem Regiehonorar eine Umsatzbeteiligung. Da Messters Geschäftsführer auf alle Verkäufe die Unkosten immer wieder in Rechnung stellt, beendet Wauers seine Zusammenarbeit mit der Messter-Film.

Im gleichen Jahr inszeniert er für die Eiko-Film eine weitere Film-Biografie, die dem Reichskanzler BISMARCK gewidmet ist (Co-Regie: Gustav Trautschold, Richard Schott). Die beiden Filme Wauers erfreuen sich einer großen Anerkennung und werden in der Fachpresse als großer Erfolg des nationalen Films bezeichnet. Schon diese ersten Werke zeigen Wauers Begabung als Filmregisseur, seine Kenntnis und sein Gefühl für die besonderen filmischen Ausdrucksmittel. Auch wenn - sicherlich der Eigenart des biografischen Films wegen - der Erzählfluß dieser Filme viel zu wünschen übrigläßt, ist vor allem sein Können bei Massenszenen bemerkenswert. Noch heute beeindrucken die Inszenierungsphantasie und der Schwung der Ausstattung der Nibelungen-Abschitte in RICHARD WAGNER.

1914 wird er von bei Projektions-AG "Union" als Regisseur angestellt. Nach der Inszenierung mehrerer Ein- und Zweiakter (darunter einige Filme der Peterchen-Serie) führt er 1915 Regie bei SO RÄCHT SICH DIE SONNE nach einem Drehbuch von Richard Oswald. Der Erfolg bringt ihm den Auftrag ein, Bernhard Kellermanns Bestseller-Roman DER TUNNEL zu verfilmen. Das Projekt wird von der Presse als die gewaltigste deutsche Filmschöpfung bezeichnet. (Eine 1914 von Rudolf Meinert begonnene Adaption konnte wegen des Kriegsausbruchs nicht fertiggestellt werden.) Wauers Bearbeitung des Romans singt "das hohe Lied der Arbeit, die Poesie der Maschinentechnik und der imposante Zauber der riesenhaften Groß-Industrie" (Lichtbild-Bühne, Nr. 37, 11.9.1915).

Wauer (mit Mütze) bei Außenaufnahmen, 1915

Während der Arbeit für die PAGU realisiert Wauer Filme aus vielfältigen Themenkreisen und in verschiedenen Genres. Die Handlung des Film-Mysteriums DER GEHEIMNISVOLLE WANDERER (1915) spielt im 13. Jahrhundert in den Niederlanden; DER LODER (1915) erzählt eine Berggeschichte; AUF DER ALM ist eine Dorf-Komödie. In September 1915 wechselt Wauer zur Saturn-Film AG.

Am 1.2.1916 gründet Wauer seine eigene Filmgesellschaft, die W.W.-Film Wauer & Co., die unter Nr. 44169 in das Handelsregister Berlin eingetragen wird. Als Hausoperateur wird der Fotograf Helmar Lerski angestellt, zugleich dessen Aufnahme-Atelier dem Betrieb angegliedert. Eine der wertvollen künstlerisch- organisatorischen Neuerungen, die durch die Wauer-Film eingeführt werden, ist die ständige Verpflichtung eines Hilfsregisseurs.

Die aus sechs kleinen Bildern bestehende Filmburleske ROSA KANN ALLES, in der Rosa Valetti die Hauptrolle spielt, ist die erste Produktion dieser Firma. Der Höhepunkt in Wauers Filmtätigkeit ist der nächste W.W.-Film - PETER LUMP - den er im März/April 1916 als Autor, Regisseur und Produzent herstellt. Durch die Modernität der Dreharbeiten kündigt PETER LUMP eine neue Epoche des deutschen Films an. Die Straßen-Nachtszenen des Films werden absichtlich unscharf gehalten, da die Laternen nur Blickfang sind und die Häuser nur durch Blenden markiert werden. Dieses Werk der W.W.-Film, "die den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in die künstlerische Gestaltung und Vollendung der Lichtbilder verlegt" (Erste Internationale Film-Zeitung, 24.6.1916), bestätigt Wauers Verständnis des Films, der nicht nur eine Darstellungs- und Erzählungskunst sei, sondern als akustisch-optische Lichtbewegung begriffen werden müsse. "Durch eine neuartige Behandlung und fast restlose Ausnutzung der Lichtquellen gelingt es den Schöpfern der W.-W.- Filme, wahre Meisterwerke der Lichtkunst zu schaffen, uns Gestalten, Örtlichkeiten und Szenen vor Augen zu zaubern, welche in schier greifbarer Naturdeutlichkeit und plastischer Fülle vor uns leben, welche die klare ins Geheimnisvolle verschwindende Tiefe der Wirklichkeit atmen, und bei denen durch das Licht, durch die Kunst der Beleuchtung alle Züge der Natur und des Lebens, alle Schönheiten der Augenwelt in verblüffender Gegenständlichkeit und bis in die zartesten und verborgensten Nüansen herausgearbeitet sind" (Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 26, 24.6.1916).

Eine weitere Neuheit in Wauers Arbeitsmethode ist die Herstellung von Innenaufnahmen nicht im Atelier, mit Hilfe eines mehr oder weniger unrealistischen Kulissenapparats, sondern in Originalräumen, so in IM BEWUSSTSEIN DER SCHULD eine Aufruhrszene des Publikums im Theater. Abgesehen davon wird von der Kritik seine Fähigkeit zu modernem Inszenieren sowie sein Können bei der Herausarbeitung der Gestalten hervorgehoben: "es sind eigentlich nur hochinteressante, teilweise verwickelte Charaktere, die wir kennen lernen, aber alle sind lebenswahre Menschen" (Der Kinematograph, Nr. 523, 3.1.1917).

Wauers Firma behauptet sich dennoch nur eine Saison auf dem Markt, während der sie sechs Spielfilme herstellt. Die künstlerische Tätigkeit der Filmgesellschaft kann als Vorläufer des "expressionistischen" Stils des deutschen Films erachtet werden. "Diese große Kunst der Beleuchtung, bei der eine ganz neue Beleuchtungstechnik zur Anwendung kommt, hebt alle W.-W.- Filme auf ein höheres Niveau künstlerischer Vollendung und sichert ihnen eine tiefe Wirkung, von ergreifender Unmittelbarkeit und dauerndem Nachklang. (...) Wer sich buchstäblich ein ,Bild‘ von dieser modernsten Lichtkunst machen will, der sehe sich Filmkunstwerke wie PETER LUMP oder IM BEWUSSTSEIN DER SCHULD mit Aufmerksamkeit an und vergleiche ihre im Expressionscharakter so reizvoll verschiedene und im Grunde, d.h. im künstlerischen Stile doch anderseits so tiefgehend einheitliche Wirkung. Eine solche künstlerische Arbeitsmethode hat Zukunft." (Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 26, 24.6.1916).

In September 1916 wird Wauer mit Zustimmung seiner eigenen Gesellschaft von der Atlantic-Film "Aarhus" engagiert, Goethes "Faust" zu adaptieren. Das ehrgeizige Vorhaben kann jedoch nicht realisert werden; stattdessen inszeniert er DIE GRÄFIN HEYERS, einen Filmroman, der "nicht nur vor uns ein Drama entrollt mit wirklich psychologischen Vorgängen, der auch in technischer Beziehung als ein fast einwandfreies Musterbeispiel gelten kann" (Der Kinematograph, Nr. 523, 3.1.1917). Daneben beginnt Wauer, als Lehrer an der neubegründeten Sturm-Kunstschule zu arbeiten, wo er die expressionistische Kunst der Bühne, der Schauspielkunst, der Dichtung und Musik unterrichtet.

Im Januar 1917 übernimmt er die technische Leitung der Flora-Film- Gesellschaft, für die er als Autor und Regisseur eine Filmtragödie mit Ria Witt vorbereitet. Im August des Jahres wird er zum Geschäftsführer der neugegründeten Firma Kultur-Film GmbH ernannt, die wahrscheinlich einige Kulturfilme für das Bild- und Film-Amt (BUFA) realisiert. Bis Ende der Saison 1917/18 arbeitet er für verschiedene Filmgesellschaften wie Beck und Scala. 1916-20 ist er Vorstandsmitglied des berliner "Filmclub e.V.".

1918 beteiligt sich Wauer im März erstmals mit eigenen Skulpturen an der 61. Ausstellung der Sturm-Galerie, im Sommer - zusammen mit Marc Chagall und Wassily Kandinsky - an der 65. Ausstellung. Noch in April 1918 wird er vom Film- Produzenten Jules Greenbaum engagiert, für den er vier Albert Bassermann-Filme inszeniert. Darüber hinaus arbeitet er wiederholt für die Progreß-Filmgesellschaft, realisiert für sie zwei Sittendramen sowie ein Lustspiel.

Als Co-Produktion der Deutschen Bioscop und der warschauer Globus-Film entsteht 1918 der erste Film in deutsch-polnischer Zusammenarbeit: DER JUNGE ZAR/CAREWICZ. Die Verfilmung eines Bühnenstücks von Gabriela Zapolska ist ein höfisches Drama, in dem die warschauer Künstler Wiktor Bieganski und Janina Szylling "im freundlichen Zusammenspiel mit den deutschen Darstellern" die Hauptrollen spielen. Zusammen mit Marian Fuks "führte Wauer mit bekanntem Geschick die Regie und schuf famose Innenbilder und großangelegte Massenszenen" (Der Film, Nr. 19, 1919). Wauers zweiter Bioscop-Film spielt im Mittelalter und erzählt die Lebensgeschichte einer unglücklichen TOCHTER DES HENKERS (1918/19). Abgesehen von der melodramatischen Handlung, die die beiden Bioscop-Filme charakterisiert, finden Wauers "außerordentlich realistische Bilder, die die richtige Stimmung in passendster Weise" vermitteln (Der Filmhandel, Nr. 2, 1919), die Beachtung der Filmkritik.

Anzeige im Film-Kurier vom 24. Januar 1920

1919 wird er durch die Rekord-Film engagiert, eine Serie von 6-8 Lustspielen von Arthur Loening zu realisieren. Die Innenaustattung für die Filme soll von Edmund Heuberger und die Aufnahmen von Mutz Greenbaum durchgeführt werden. Das Vorhaben kann jedoch nicht realisiert werden. Stattdessen übernimmt er kurzfristig die künstlerische Oberleitung der Firma und inszeniert drei andere Filme, darunter seine zweite Adaption der phantastischen Groteske DIE GESPENSTER VON GARDEN HALL von Robert Kraft (eine erste Verfilmung soll 1915 realisiert worden sein; die Tatsache kann jedoch nicht belegt werden) und HUNGERNDE MILLIONÄRE, der in der berliner Fachpresse großen Anklang findet: "Der Film baut sich auf sozialer Grundlage auf und behandelt als dramatischen Untergrund die Arbeitskämpfe der letzten Zeit. (...) Wauers Regie stellt eine hervorragende Leistung dar (...) dieser Regisseur (hat) bewiesen, daß er zu den ersten gehört, die die deutsche Kinematographie aufzuweisen hat" (Der Filmhandel, Nr. 13, 1919). In diesem Zusammenhang ist die Tatsache wichtig, daß sich Wauer während der revolutionären Unruhen in Berlin 1918/19 gemeinsam mit Herwath Walden als Verfasser des revolutionären Aufrufs "Die Lösung der Rätefrage, Bericht der Rätekommision der Arbeitsbundes für sofortige Sozialisierung", auf der Seite des Proletariats stellte. In Juni 1919 präsentiert er seine Skulpturen in den Räumen der Freien Jugend.

In November 1919 löst er seinen Vertrag mit dem Rekord-Konzern und wird von der Greenbaum-Film als Regisseur des expressionistischen Film MASKEN (1920) engagiert; die Hauptrolle spielt wieder Albert Bassermann, die Ausstatung liegt in Händen von Walter Röhrig und Robert Herlth, den führenden Architekten expressionistischer Filmkunst, die im Atelier eine Waldlandschaft errichten. Als Windmaschine benutzt der Regisseur ein Flugzeug.

Am 14.10.1920 findet im dresdner Albert-Theater eine Neuaufführung der Pantomime "Die vier Toten von Fiametta" statt, in der Spielleitung von Wauer und mit seinen Bühnenbildern unter Verwendung seiner Skulpturen.

1921 dreht Wauer wieder in Polen. Mit Eugeniusz Modzelewski führt er für die warschauer Filmgesellschaft Lux Regie von URODA ZYCIA (Schönheit des Lebens), der zweiteiligen Adaption des Romans von Stefan Zeromski.

Wauer ist zeitlebens als Bildhauer, Maler, Kunstgewerbler und Grafiker aktiv. Seine typischen kubo-expressionistischen Figuren (z.B. "Schlittschuhläufer", 1916; "Zwei-Einheit", 1919; "Verzückung", 1921; "Eisbär", 1924), die er seit 1916 gestaltet, formt er in verschiedenen Materialien, vor allem aber in Bronze und Aluminium. Bekannt machen ihn seine Porträtversuche, so die Büsten von Herwath Walden (1917) und Albert Bassermann (1918), Wauers favorisiertem Schauspieler. "Die Diagonale des Halses [der Bassermann-Bronze] wölbt sich von rechts nach oben, der Halbkreis des heruntergezogenen Mundes setzt sich über die Wangen und die Stirn fort, die Augen sind schreckvoll aufgerissen - tiefste Erschütterung in sublimer geistiger Durchdringung und damit die unausschöpfliche Skala künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten dieses Mimen signalisierend." (Hammer). Wauers Bildhauerkunst ist durch spannungsvollen Bewegungsrhythmus und figural-expressionistische Ornamentik der dekorativen Oberflächengestaltung charakterisiert.

In den 20er Jahre entwirft er Modelle für die Schwarzburger Werkstätten und für die Porzellankunst Unterweißbach. In dieser Zeit beteiligt er sich an Walter Gropius' Kunstschule. 1922 erscheint die dritte Bauhaus-Mappe mit Wauers Lithografie "Komposition mit ovalen Formen" (1921). 1924 gründet Wauer die "Internationale Vereinigung der Expressionisten, Kubisten, Futuristen und Konstruktivisten" (später "Die Abstrakten"), deren Vorsitz er bis zum Verbot 1933 innehat. In dieser Zeit wird er mehrmals zum Mitglied der Ausstellungskommission der Großen Berliner Kunstausstellung berufen, an der er fast jedes Jahr mit eigenen Werken beteiligt ist. Als bekannter Porträtbildhauer gestaltet er Bronzebüsten der Präsidenten Ebert und Hindenburg (beide 1926), die in der Großen Berliner Kunstausstellung 1927 zu sehen sind.

Ein Jahr später beteiligt er sich an dieser Ausstellung als Mitglied der "Künstlervereinigung Berliner Bildhauer". Tief beeindruckt durch des indischen Philosophen Rabindranath Tagores Besuch 1926, verbringt Wauer mehrere Jahre damit, seine religiöse und anthropologische Weltanschauung als Künstler in seinem unveröffentlicht gebliebenen "Buch von Ur" zu beschreiben.

Anfang 1928 findet Wauer eine lukrative Nebentätigkeit beim Berliner Rundfunk, für den er bis 1933 mit seiner Frau Ursula Scherz die Sendereihen "Kinderbastelstunden" (eine Theraphiesendung für geistig behinderte Kinder) und "Frauenstunden für künstlerische Handarbeiten" leitet.

Von den Nazis werden Wauers Werke zur "entarteten Kunst" gerechnet. Zwar werden seine Plastiken in der berüchtigten Ausstellung 1937 wohl nicht gezeigt, doch ist sein Name im Begleitbuch von Wolfgang Willrich erwähnt. Als ehemaliger "Sturm"-Mitarbeiter wird Wauer 1941 von der Reichskulturkammer mit Arbeitsverbot belegt; zugleich werden einige seiner Werke beschlagnahmt.

Nach 1945 beteiligt sich William Wauer wieder regelmäßig mit Skulpturen, Bildern und Grafiken an diversen Ausstellungen, z.B. der Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Dresden (1946). Wauer ist als Dozent an der Volkshochschule in West-Berlin tätig und fungiert mehrere Jahre im Vorstand des "Verbands der Volkshochschulendozenten". Er ist Vorstandsmitglied des "Verbands der Berliner bildenden Künstler". Anläßlich seines 90. Geburtstags werden zehn seiner Werke in der Großen Berliner Kunstausstellung präsentiert. Ab 1957 ist Wauer Vorsitzender des "Verbands Deutscher Kultureinheit". Er ist auch Ehrenmitglied des "Verbands der Berliner Kunst- und Antiquitätenhändler".

Wauer ist dreimal verheiratet, zunächst mit Johanna Lewek (Scheidung am 23.5.1934), dann mit Ursula Scherz. 1904 wird sein Sohn Hans geboren. William Wauer stirbt am 10. März 1962 in West-Berlin.

Jerzy Masnicki (masnicki@friko.onet.pl)


Literatur

Von Wauer

  • Der Kunst eine Gasse! Kritische Beiträge zur Theaterreformen; Berlin[?] 1891; 2. Auflage: Berlin: Seemann 1906.
  • Alter. Hg. und der Jugend gewidmet von... zum 1. April. Berlin: G. Wauer 1898.
  • Die Kunst im Theater. Bemerkungen und Gedanken; Berlin: Priber & Lamuers 1909.
  • Die künstlerische Grundlagen des Films. In: Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 21, 1915, S. 5-12.
  • Der Streit um den Faustfilm. In: Der Film, Nr. 37, 1916, S. 32.
  • Theater als Kunstwerk. Das Sturm-Buch. Berlin: Sturm-Verlag 1919.
  • Das Wissen um Expressionismus. Führer durch die Ausstellung der Abstrakten. Berlin 1926.
  • Hefte für Bastelkunst. Das rote Heft (Für Kinder von 6-10 Jahren). Berlin: Safari 1931.
  • Hefte für Bastelkunst. Das grüne Heft. (Für Kinder von 10-14 Jahren). Berlin: Safari 1931.
  • (mit Ursula Scherz): Hefte für Bastelkunst. Das gelbe Heft (Für Jugendliche und Erwachsene). Berlin: Safari 1931.

Über Wauer

  • Sonderschau William Wauer. Zum 95. Geburtstag des Künstlers. Berlin: Rathaus Wilmersdorf 1961, (Katalog).
  • William Wauer. Skulpturen und Gemälde. Skulpturenmuseum "Glaskasten" Marl. Basel: Editions Panderma Carl Laszlo 1979. Katalog).
  • Reto Niggl: William Wauer. Sturm-Skulptur. In: Antiquitäten-Zeitung, Nr. 23, 1988, S. 700-711.
  • Klaus Hammer: William Wauer - ein Propagandist europäischer Avantgarde. In: Bildende Kunst, Nr. 3, 1990, S. 56-59.